Von Holzöfen, Brotspinner*innen und Broten im Höhenflug

Anfang Oktober fand unser zweites Netzwerktreffen im Jahr 2023 eingebettet in eine ganz besondere Brotveranstaltung statt, die es so sonst wohl kein zweites Mal gibt:

Das 5. Internationale Brotfest auf der Kalchkendlalm in Rauris, Österreich.

Eingeladen wurden wir von den Organisatoren des Brotfests: Lutz Geißler, Roswitha Huber und Christina Weiß.


Roswitha bietet seit Jahren Schulklassen die Möglichkeit, sie auf der Kalchkendlalm zu besuchen, mit ihnen Brotteig herzustellen und im Holzofen zu backen („Schule am Berg“). Lutz und Christina führen auf der Alm jedes Jahr sehr beliebte Backkurse durch. Nach achtjähriger Pause wurde nun, vom 30. September bis 1. Oktober, dieser besondere Ort ein letztes Mal als Kulisse für eine ganz besondere Zusammenkunft geöffnet. Das nächste Brotfest soll dann 2024 auf der Azienda „Il gentil verde“ in Italien (Marken) stattfinden.

Wir waren insgesamt mit zehn Teilnehmenden aus ganz Deutschland vor Ort. Schon die lange, teils gemeinsame Anreise war perfekt, um sich ausführlich auszutauschen und bei unseren Projekten, Ideen und Vorhaben (z.T. Gründung eigener Backstuben, Ausbildung usw.) auf dem neusten Stand zu sein.

Freitagsabends wurden wir und viele angereiste Brotenthusiast*innen dann von Roswitha, Christina und Lutz herzlich auf der Kalchkendlalm empfangen. In dem Rahmen wurden die Rauriser*innen die ihre Holzöfen am Sonntag anfeuern sollten, vorgestellt und geladene Bäcker*innen wurden ihnen zugeteilt, um gemeinsam an den Holzöfen zu backen. Schon beim ersten Programmpunkt war es eine große Freude zu sehen, dass das gesamte Tal miteingebunden ist und das Wochenende auch unter dem Zeichen des Austauschs zwischen Hobby- und Berufsbäcker*innen steht. Beim anschließenden Almdudler wurde ungezwungen geschnackt und sich ausgetauscht. Viele haben sich seit Jahren nicht gesehen und ebenso viele sich neu kennengelernt.

Samstags morgens transportierten Shuttlebusse die Besucher*innen des Symposiums durch das Rauriser Tal bis zu einer Abzweigung gen Alm. Von dort ging es zu Fuß weiter. Steilaufwärts und mit wunderbar frischer Bergluft am Morgen hielten die ersten Gespräche unter den Teilnehmer*innen zwar kurz inne, aber nach zwanzig Minuten war dieser letzte Abschnitt geschafft und man konnte in das Geschäftige Treiben rund um die Alm eintauchen.

Es dürften rund 250 Menschen gewesen sein, die sich im Laufe des Tages auf der Alm tummelten. Menschen aus dem Hobby- und Profibackbereich, von landwirtschaftlichen Betrieben, aus der Getreidezüchtung und im vermahlenden Gewerbe; kurzum Menschen, die gutes Brot lieben und schätzen (u.a. aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Dänemark, Italien, Georgien, den USA).

Die Stimmung war wahnsinnig gut und die ersten Vorträge des Symposiums beeindruckend. Lutz und Christina überraschten uns mit einer von forsa durchgeführten Umfrage zur Qualität des Bäckerhandwerks in Deutschland. Die Studienergebnisse sind hier veröffentlicht und legen u.a. offen, ob und mit welchen Rohstoffen, Vor-/Sauerteigen Bäckereien in Deutschland heute arbeiten. Backmittel und Hilfsmittel scheinen keine Seltenheit zu sein und die Zahlen spiegeln wider, was viele von uns selbst in Backstuben erlebt haben, aber nicht mehr erleben wollen.

Insofern startete der Tag direkt mit noch mehr Motivation gutes Brot zu backen - und zwar mit Rohstoffen, deren Anbau die Böden ernährt und einer Verarbeitung, die ohne zusätzlichen und künstlichen Hilfsmittelchen, mit viel Zeit zu aromatischen und lang frisch haltenden Broten führt. Wir hoffen, dass die Studie sowie das im Zuge der Studie ebenfalls vorgestellte neue Buch von Lutz und Christina viele weitere Menschen in Deutschland dazu ermutigt das Sortiment von Bäckereien kritisch zu hinterfragen und so auf die nicht selten bestehende Diskrepanz zwischen Werbebotschaft und Realität aufmerksam zu werden. Danke an dieser Stelle an Lutz und Christina für die Initiative diese Studie durchführen zu lassen!

Im Verlauf des Tages kamen dann auf der Holzempore im urigen Almstübchen Menschen aus unterschiedlichen Branchen und Ländern zu Wort. In gemütlicher Atmosphäre ging es neben vielem anderen um Frauen im Handwerk, glutenfreies Backen, den Meisterzwang, Getreidezüchtung und Holzofenbäckereien und Steinmühlen in Vermont (USA). Ein weiterer thematischer Block widmete sich dem Film „Die Brotrebellen“ und den daran beteiligten Protagonist*innen.
Wir merkten schnell, dass es schon nach der ersten Pause schwierig war sich von den vielen interessanten Gesprächen zwischen Almbackstube und den Holzöfen mit Aussicht loszueisen, um durchgängig allen Vorträgen zu folgen. Aber egal wo, jeder Moment des Fests war eine Bereicherung! Für mehr Infos zu den Vortragsthemen und Speaker*innen, findet ihr hier das Programm.

Sonntags konnten alle Gäste nach Herzenslust die Holzöfen im Rauriser Tal und auf der Kalchkendlalm besuchen. Mal wurde der Ofen gerade befeuert, mal ein Brotteig im Holztrog geknetet, mal eingeschoben und die fertigen Brote duftend aus dem Ofen geholt. Die unterschiedlichsten international geprägten Sauerteige und Mehle kamen zum Einsatz, was in einem Fest aus vielseitigen Teig-Kompositionen und Brotaromen gipfelte.

Das gesamte Wochenende (inkl. Unterbringung, Transfer, Programm etc.) verlief aus unserer Sicht großartig, was, den Initiator*innen eine wahnsinnige Organisation im Vorhinein abverlangt haben muss und wir sind sehr dankbar für die tolle Zeit, das vermittelte Wissen, die neuen Fragen und Ideen, den fruchtbaren Austausch und die brotliebhabenden Begegnungen untereinander!

Damit ein herzliches Dankeschön an Roswitha mit ihrer herzerwärmenden offenen und willkommen heißenden Art und dass sie die Bäckerwelt zu sich auf die Alm eingeladen hat.
Und ebenso, ein riesengroßes Dankeschön an Christina und Lutz für die Einladung und Einbindung des Jungen Netzwerks und die pointiert eindrucksvolle Organisation, die so viele Menschen rund ums Brot zusammengebracht und verbunden hat. Wir freuen uns auf weiteren Austausch und gemeinsame Projekte, die sich in Zukunft ausbilden werden
(Neuigkeiten dazu folgen in Kürze)

Franzi & Flo, Oktober 2023 fürs Junge Netzwerk

Foto 1 und 2 von Kai Kolacek, Foto 4 bis 9 und 14 von Olga Graf, Restliche Fotos von Florian Demelt