Wir sind systemrelevant! - ‚Too small to fail’
Als systemrelevant gelten, spätestens seit Beginn der Corona-Krise: Gesundheitsversorgung, Apotheken, Altenpflege, Polizei, Energie- und Wasserversorgung, Müllabfuhr, Feuerwehr, Logistik, Lebensmittelgeschäfte, (seriöse) Medien … landwirtschaftliche Betriebe, Mühlen, Bäckereien, Molkereien, Metzgereien sowie weitere Lebensmittelproduzenten.
Dezentrale, regionale Strukturen erweisen sich als robust und verlässlich
Die Nachfrage bei den handwerklichen Mitgliedsbetrieben des Die Freien Bäcker e.V. hat ergeben:
Die Betriebsinhaber*innen berichten, dass sie auch jetzt, in Zeiten plötzlicher Nachfragespitzen, verlässlich mit Rohstoffen beliefert werden. Sie arbeiten alle langjährig mit regionalen Rohstofflieferanten zusammen, mit: landwirtschaftlichen Betrieben, Erzeugergemeinschaften, regionalen Mühlen und Händlern. So sind sie in der Lage, die in vielen Verkaufsstellen deutlich gestiegene Nachfrage von Brot und Backwaren zu decken.
Dies bedarf allerdings einiger Änderungen. Seit der 11./12. Kalenderwoche haben fast alle Betriebe zwei komplett voneinander getrennte Produktions- und Verkaufsschichten eingeführt. Sollte es zur Erkrankung von Mitarbeiter*innen kommen, was bisher nicht der Fall ist, lassen sich so die Produktion und der Verkauf aufrechterhalten. Einige Betriebe haben Lieferdienste eingerichtet, um Menschen, die sich nicht auf den Weg in die Bäckerei machen können, zu versorgen. Der damit gestiegenen Arbeitsbelastung wird durch eine verringerte Sortimentsbreite begegnet. An dieser Stelle ist allen Mitarbeiter*innen in den Betrieben ein großer Dank auszusprechen, dass sie bei den Maßnahmen, die in dieser Ausnahmesituation notwendig sind, so entschlossen mitziehen!
Was die Nachfrage in den Bäckereien angeht, gibt es kein einheitliches Bild. An Standorten, die der Grundversorgung mit Brot und Kleingebäck dienen, ist - zurückliegend betrachtet - die Nachfrage spürbar gestiegen. Zum Teil wird von neuen Kunden und Kundinnen berichtet, die vorher noch nie in den Bäckerläden zu sehen waren. An Standorten in Bereichen von Innenstädten, mit einem großen Gastronomie- oder Café-Anteil, oder auf den Wochenmärkten ist der Umsatz deutlich eingebrochen. Lieferungen an Hotels, Gaststätten, Kantinen oder Schulen fallen aus.
Mühlenanlagen laufen rund um die Uhr
Die Müller*innen landauf landab sind durch die aktuell gestiegene Nachfrage nach Brot, Backwaren und Mehl so stark gefordert, dass einige sogar ihre Mühlenläden oder online-Shops schließen mussten. Mehr als rund um die Uhr arbeiten geht einfach nicht.
Beim Mehl gilt offensichtlich das Gleiche wie beim plötzlich so begehrten Toilettenpapier. Die Hamsterkäufe von Toilettenpapier, Nudeln, Mehl, Hefe und Kühltruhen sowie weiterer Waren lassen sich mit einem stark gestiegenen Sicherheitsbedürfnis, mit dem Wunsch, in der Krisensituation etwas aktiv tun zu können und mit Nachahmungseffekten erklären. Doch letztendlich kann der Warenverbrauch nicht höher sein, als in Vor-Corona-Zeiten. Deshalb lautet auch unser Appell, bei der Bevorratung Maß zu halten. Rohstoffengpässe gibt es nicht. Hingegen lässt sich die Arbeitskapazität von Lebensmittelproduzent*innen nicht unendlich steigern.
‚Too small to fail’
Vor gut 100 Jahren wurde das Motto „too big to fail“ (deutsch: zu groß zum Scheitern) als Synonym für den Begriff ‚Systemrelevanz‘ eingeführt. Damit wurden und werden große Unternehmen charakterisiert, die von so herausragender systemrelevanter Bedeutung sind, dass ihr Scheitern - wenn möglich - durch staatliche Maßnahmen verhindert werden soll.
Die Antwort auf die weltumspannende Krise - so die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte - muss endgültig anders lauten. Der Staat ist aufgefordert, robuste, widerstandsfähige (resiliente) Strukturen zur Sicherung der Existenz aller Bürger*innen zu fördern. Und dabei sind - wie bereits vor der Corona-Pandemie klar war - regionale Strukturen mit kleinsten, kleinen und mittleren Betriebe in funktionierenden, verlässlichen Wertschöpfungsketten von immenser Bedeutung.
Lasst uns unter dem Motto ‚too small to fail‘ gemeinsam und solidarisch, sozial-, umwelt- und klimagerechte Strukturen weiter entwickeln!