Die Mischung macht’s!

Bäckereien engagieren sich für die Zukunft der regionalen Land- und Lebensmittelwirtschaft



Gemeinsam mit der Universität Kassel, dem Berufsverband Die Freien Bäcker e.V. und der Bildungsgesellschaft Atelier Ernährungswende gUG erforschen und testen 27 Betriebe aus Landwirtschaft, Müllerei und Bäckerei Strategien zur regionalen Ernährungssicherung in Zeiten des Klimawandels. Bundesweit elf Handwerksbäckereien verarbeiten dafür erstmals Weizen, der in Mischkultur mit Körnererbsen angebaut wurde. 

Gemeinsam forschen – gemeinsam wachsen  

„Der Klimawandel betrifft nicht nur die Landwirtschaft. Wenn wir weiterhin gutes Mehl aus unseren Regionen beziehen wollen, dann müssen wir alle gemeinsam an Lösungen arbeiten“, so Laura Schendzielorz von Köhlers Vollkornbäckerei in Würzburg-Rottenbauer. Die Bio-Bäckerei, sowie weitere 26 Betriebe, sind Teil eines Forschungsprojektes der Universität Kassel, das in ganz Deutschland den Anbau, die Ernte, Verarbeitung und Vermarktung von Weizen aus Mischkultur testet. Der Ansatz, Innovationen direkt in der Praxis und unter realen Bedingungen zu erforschen und weiterzuentwickeln, ist zukunftsweisend. Denn der gängige Weg von der Wissenschaft bis zur Anwendung ist lang und kostet viel Zeit – Zeit, die in Hinblick auf die Klimakrise sehr knapp ist.  

Bereits jetzt sind Betriebe vor Ort ganz konkret mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert. So hängt etwa die Backqualität des Getreides von vielen Faktoren ab: von den Niederschlägen, Temperaturen und Bodenbedingungen auf dem Feld, dem Krankheitsdruck während der Anbausaison, der Witterung zur Erntezeit. Diese und andere Faktoren werden direkt vom Klimawandel beeinflusst. Starkregen, Trockenheit oder Hitzeperioden aber auch neue Pflanzenkrankheiten machen die Erzeugung von gutem Backgetreide mancherorts und in manchen Jahren immer schwieriger. Die Anbaurisiken werden immer größer. 

Die Mischung macht‘s 

Eine wichtige Strategie, um Risiken abzupuffern, Ertragsausfälle zu vermeiden und die Backqualität zu sichern, ist mehr Vielfalt auf dem Acker, z.B. durch Mischkultur. So bezeichnet man den Anbau von zwei oder mehr Pflanzenarten zur gleichen Zeit auf demselben Feld. Unterschiedliche Pflanzenarten auf einem Acker erschweren die Ausbreitung von Krankheitserregern, unterdrücken unerwünschtes Unkraut, und ergänzen sich in vielerlei Hinsicht in Ihren Ansprüchen und Bedürfnissen. Unterschiedliche Wurzelsysteme beispielsweise führen zu weniger Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe. Und, wenn das Wetter einem Mischungspartner übel mitspielt, kann die andere Pflanzenart die Lücken füllen und Ausfälle kompensieren. Werden auch noch Erbsen, die Stickstoff aus der Luft aufnehmen können, als Mischungspartner mit Weizen anbaut, dann lassen sich zuverlässiger bessere Getreidequalitäten erzeugen – und das ohne zusätzlichen Dünger. In Zeiten von Flächenknappheit und wachsender Weltbevölkerung ist Mischkultur ein Ansatz zur sogenannten ökologischen Intensivierung, also der Ertragssteigerung ohne höhere Mengen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. 

Die beteiligten Bäckereien verarbeiten Weizenmehl aus Mischkultur mit Erbsen von Höfen ihrer Region, die ebenfalls an dem Projekt, dass unter dem Titel VORWERTS läuft, beteiligt sind 

Vielfalt schmeckt! 

Körner "Beckis" von BeckaBeck für das Vorwerts Projekt

Ab 3. Februar gibt es nun erstmals „Mischkulturbrot“ zu kaufen. Dabei unterscheiden sich Brot und Gebäck aus Mischkulturweizen laut Bäckermeister Christian Lecht, Inhaber der Bio-Handwerksbäckerei BACKWERK in Hannover, sensorisch nicht von anderen handwerklich erzeugten Backwaren. Die Gebäcke werden wie gewohnt mit der gleichen Sorgfalt und viel Zeit, ohne Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffe, hergestellt.  

Dennoch, in Mischkultur-Brot und -Gebäck steckt ein hoher Zusatznutzen: für unser Klima, die Artenvielfalt, die Ackerböden, den Schutz des Grundwassers, die Senkung des Ressourcenverbrauchs und für die Sicherung unserer Ernährung und die regionale Landwirtschaft – wenn das Mehr an Leistungen fair honoriert wird. Eine vielfältigere Landwirtschaft ist potenziell eine Win-Win-Situation für alle. Mit diesem Wissen schmecken Brot und Gebäck aus Mischkulturen vielleicht doch etwas anders – und besser.  

 

Weitere Informationen zum Projekt und zur Vermarktung von Mischkultur-Brot und -Gebäck:  

www.vorwerts-projekt.de 

https://vorwerts-projekt.de/backkampagne/